DAS A-B-C DES KLEINSCHALIGEN MARKETINGS

ein Methode für das kleine Unternehmen

    • Patrick Boel
    • Gérard van Eyk
    • Trudy Wigman


Eine vorläufige Ausgabe (nicht Corrigiert)
Übersetzung: Christel Schanzenbach



INHALTSVERZEICHNIS

VORWORT ZUR DEUTSCHEN AUSGABE
VORWORT
EINLEITUNG

DAS A-B-C DES KLEINSCHALIGEN MARKETINGS

1. KLEINSCHALIGE UNTERNEHMEN
2. DAS A-B-C DES KLEINSCHALIGEN MARKETINGS
3. DIE PERSON DER UNTERNEHMERIN
4. MARKETERKUNDUNG
5. MARKETING-MIX

NETZWERKE/ NETZWERKELN

6. DAS PERSÖNLICHE NETZWERK
7. NETZWERKE/ NETZWERKELN
8. NETZWERKE/LN BEIM START
9. TAUSCHEN

MARKTFORSCHUNG

10. MARKTFORSCHUNG
11. DIE PHASEN DER MARKTFORSCHUNG


VORWORT ZUR DEUTSCHEN AUSGABE

"Die Niederlande" - zwei Worte, die in Deutschland zumeist Bilder von Tulpenzwiebeln, Windmühlen, Grachten, Käse und Holzschuhen wachrufen. Ein friedliches Bild, das die Wirklichkeit nur sehr verzerrt wiedergibt. Wie es entstanden ist, mag an dieser Stelle dahingestellt bleiben; auf jeden Fall wissen es Werbeagenturen eifrig zu ihrem Nutzen zu gebrauchen: um ihre Produkte außerhalb der Landesgrenzen zu verkaufen bzw. jedes Jahr Millionen Tourist/inn/en ins Land zu holen. Wer hätte nicht schon einmal etwas vom Keukenhof gehört, oder kennt nicht das blonde, rotbäckige 'meisje' vom Gouda-Käse?

Daneben gibt es natürlich auch die Nachrichten über die Drogenszene und über Gemeinden, die ernsthaft auf die Forderungen von Hausbesetzer/inn/en eingehen. Das sind Klänge, die da über die Grenze des Nachbarlandes zu uns herüberwehen, die eine ganze Gruppe von Leuten sichtbar verunsichert, während eine andere Gruppe ihren beinahe schon verlorengegangenen Traum von einem 'besseren Leben' nun doch noch verwirklicht glaubt.

Zwei Dinge jedenfalls sollten deutlich sein:

  • In den Niederlanden ist eine ganze Menge in Bewegung (gekommen).
  • Die Leute dort verstehen es, Geschäfte zu machen (ohne es unbedingt an die große Glocke zu hängen).
Und aus beiden läßt sich eine Menge lernen; zumindest lohnt die Mühe einer näheren Betrachtung. Das vorliegende Buch ist der Beweis dafür.

Es geht von einer gänzlich anderen Betrachtungsweise als der allgemein üblichen aus. Das ist sowohl seine schwache als auch gleichzeitig seine starke Seite. Bei der Übersetzung raufte ich mir oft die Haare: Viele Worte haben in der deutschen Sprache einen Beiklang, der im holländischen gänzlich fehlt. Über die geistige Gesundheit oder die eigene Kreativität zu sprechen, ist genauso 'normal', wie zum Telefonhörer zu greifen, um sich mit jemandem aus dem Gemeinderat zu verabreden. Die in deutschen Landen so gerne und viel heraufbeschworene 'Mündigkeit des Bürgers' scheint in den Niederlanden greifbarer und an die Stelle getreten zu sein von Devotheit, Obrigkeitsglauben und des Gefühls der eigenen Ohnmacht. Im Mittelpunkt steht dabei die Überzeugung, daß das eigene Handeln wichtig ist; als Maßstab und Wegweiser dient die sehr persönliche Gewißheit, 'das Beste gegeben zu haben'. (Nicht die Suche nach objektivem und unangreifbaren Perfektionismus, der somit von jede/m gebilligt werden müßte!)

Vor diesem Hintergrund ist eine interessante Entwicklung der letzten Jahre zu sehen, die der 'kleinschaligen Betriebsgründungen'. Mehrere Faktoren haben sie zustande gebracht und wesentlich beeinflußt:

  • die Suche von einzelnen Personen nach der eigenen Identität und Möglichkeiten, sie auch zu leben (als Folge des Jahres "68" und der Zeit danach),
  • eine lange Tradition als Handelsvolk, das offen gegenüber dem Geschäftemachen ist (Geld stinkt nicht, oder?),
  • das Problem der Arbeitslosigkeit und die Suche nach Lösungen, worauf im folgenden näher eingegangen wird.

Während es einerseits mehr als genug Arbeit zu verrichten gilt, entspricht andererseits das Angebot an bezahlten Arbeitsplätzen in keinster Weise der Nachfrage. Viele schlauen Menschen scheinen genau zu wissen, wie dieses Problem zu lösen sein müßte. Doch bislang und inzwischen ändert sich an der Situation nichts. Länder und Gemeinden, Arbeits- und Sozialämter plus die Arbeitslosen selbst müssen mit der Tatsache leben, daß nicht genug bezahlte Arbeitsplätze vorhanden sind.

Aber was ist, wenn ein einzelner Mensch den Eindruck hat, er/sie könne für sich selbst einen Arbeitsplatz schaffen (d.h. einen eigenen Betrieb gründen)? Von 'Obrigkeitsseite' gibt es mindestens drei Möglichkeiten, darauf zu reagieren:

  1. Prima, soll er/sie doch. Aber ohne unser Zutun. Wir drehen sofort alle Geldkräne dicht (Arbeitslosen- bzw. Sozialhilfe, ...)
  2. Gute Idee, solange es uns nicht mehr kostet als bislang. Arbeitslosengeld /-hilfe oder anderes müssen wir eh' zahlen. Und wer weiß, vielleicht wird ja tatsächlich etwas draus?
  3. Ein ausgezeichneter Gedanke! Vielleicht können wir sogar etwas zum besseren Gelingen beitragen? Und gegenüber der Voraussicht von 10, 20 Jahren langer Zahlungen bis zum Rentenalter müßte sich das doch zurückverdienen?

In den Niederlanden haben viele Institutionen und Gemeinden den dritten Weg gewählt, wobei es dahingestellt sein mag, ob idealistische oder finanzielle Überlegungen den Ausschlag gegeben haben. Das Ergebnis ist jedenfalls, daß ein interessiertes, offenes und stimulierendes Klima gegenüber Klein(st)betrieben entstanden ist. Die Hilfestellungen sind zahlreich: Unter gewissen Voraussetzungen können Leute unter Weiterzahlung ihrer Sozialhilfe, o.ä., einen eigenen Betrieb beginnen, um in der Anlaufphase über die Runden kommen zu können; in manchen Fällen sogar mit einem Kredit vom Sozialamt oder der Gemeinde. Die verschiedenen Gemeinden leisten unterschiedliche Hilfestellungen: direkte, kleine finanzielle Starthilfen, oder Schaffung von subventionierten, bezahlbaren Betriebsräumlichkeiten, kostenlosen Beratungsstellen, Kursusangeboten, ... Auch die Banken fangen an umzudenken. Der Erfolg der 'Triodosbank' (vergleichbar mit der der Ökobank in Frankfurt) hat viel dazu beigetragen. Die 'neuen' Unternehmer/inn/en scheinen kommerziell interessant geworden zu sein - selbst wenn sie ohne Schlips und Aktenkoffer erscheinen und Kredite beantragen, die weit unter der beinahe schon magischen Grenze von 150.000 liegen (dieser Betrag wurde 'früher' von den Banken als für sie 'lohnenswert' angesehen).

Die Meinungen über die Wirksamkeit dieser unterschiedlichen Maßnahmen - und ob sie nun tatsächlich bei der jeweils gewünschten Zielgruppe anschlagen - sind ebenso geteilt wie die Erfolge der kleinen Betriebe: Einige verschwinden sehr schnell wieder von der Bildfläche, andere 'schaffen' es.

Eines jedenfalls ist sicher: Niemand zweifelt mehr ihr Daseinsrecht an. Das mitleidige Lächeln über Leute, die sich für die Kleinschaligkeit als eine der Möglichkeiten aussprachen, ist verschwunden. Es gelingt auch nicht mehr, sie in das Bild von 'hoffnungslos idealistischen Weltverbessern' zu drängen: Leute, die ungepflegte, lange Haare und Wollsocken tragen und sich entweder in verräucherten Hinterzimmern von Kneipen aufhalten oder sich auf einem Bauernhof versuchen. Falls dieses Bild jemals berechtigt war, heute stimmt es ganz sicher nicht mehr; es ist farbenfroher geworden und hat viel mehr Facetten. Genau wie die kleinschaligen Betriebe und die Unternehmer/inn/en selbst.

Das vorliegende Buch ist aus dieser Kleinschaligkeits-Bewegung heraus entstanden und ist gleichzeitig ein Teil von ihr. Ich habe bei der Übersetzung darauf verzichtet, allen möglichen Beiklängen aus dem Wege zu gehen. Einige Worte habe ich im Original stehen gelassen 'Kleinschaligkeit', z.B., sie sprechen für sich selbst. Und: dies ist auch die Absicht des Originals.

Dieses Buch ist eine Anregung zum selber und weiter Denken und Tun: auf die Suche gehen nach dem Inhalt der Dinge (auch bei alten und neuen Worten), einen Inhalt, den Du ihnen selbst geben solltest und kannst - genau wie Deinen Wünschen und Deinen Vorstellungen über Deinen (neuen) Betrieb.

Alle Klarheit restlos beseitigt?

  "Genau so wenig, wie große soziale Veränderungen zustande kommen ohne Musik (wie Emma Goldman sagte: "Wenn ich nicht tanzen kann, ist es nicht meine Revolution"), genau so wenig kommen sie zustande ohne Worte und Ausdrücke, die erst einen Traum über Veränderung in unseren Köpfen kreieren." (Gloria Steinem)
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V O R W O R T

Über 'kleinschalige Marketing' wird inzwischen in den Niederlanden mit großer Selbstverständlichkeit gesprochen. Als dieser Begriff 1979 zum ersten Mal auftauchte, wurde er in Unternehmenskreisen beinahe als Provokation aufgefaßt, weil er viele Theorien des landläufigen Marketingdenkens mit Fragezeichen versah. Seitdem hat sich einiges geändert.

Wir haben die 'Start-Welle' mitgemacht und das wachsende Interesse für die Klein(st)betriebe, als treibende Kraft für Erneuerung und bei der Schaffung neuer Arbeitsplätze, miterlebt. Doch ist es auffallend, daß noch immer auf eine verfremdende Art über das Unternehmen, den Betrieb gesprochen wird, und so wenig über die Unternehmerin, den Unternehmer, die Person also, die der Betrieb ist. Dieser scheinbar so geringe Unterschied ist von grundlegender Bedeutung, um das Phänomen des kleinschaligen Unternehmens und damit gleichzeitig des kleinschaligen Marketings verstehen zu können.

1984 erschien die erste Auflage dieses Büchleins. Mit dem neuen A-B-C-Konzept des kleinschaligen Marketings wurde Abstand gewonnen zu den bekannten, herkömmlichen vier 'P's. Dieses Büchlein ist in den gesamten Niederlanden in zahllosen Kursen für Unternehmer/innen benutzt worden. Gleichzeitig haben verschiedene Menschen die Theorie rund um das kleinschalige Marketing weiter entwickelt. Deshalb diese dritte, überarbeitete und erweiterte Auflage, die neben Patrick Boel durch Gerard van Eyk und Trudy Wigman geschrieben wurde.

Ausgehend vom A-B-C lenken wir unser spezielles Interesse auf das 'P' von der Person der Unternehmerin/ des Unternehmers, aber jetzt in der Umsetzung für das kleinschalige Unternehmen. Beim Kleinschaligen Marketing dreht sich schließlich alles um die Person. Netzwerkeln als Tätigkeit liefert viele erneuernde Erkenntnisse. Das persönliche Netzwerk hat sich dabei als ein wichtiges Mittel erwiesen.

Für diejenigen, die selbst ihren eigenen Markt erforschen wollen, sind verschiedene Methoden entwickelt worden. Wir beschreiben eine Anzahl davon ausführlich, eben um zu zeigen, was Du mit dem 'B' von Bäuerinnenverstand in der Praxis anfangen kannst.

Um die Lesbarkeit des Buches zu vergrößern und gleichzeitig einer der am meisten auffallenden Entwicklungen im Betriebsleben genüge zu tun, nämlich den unternehmenden Frauen, wird im weiteren Text die weibliche Form gebraucht. Selbstverständlich sind damit sowohl Männer als auch Frauen gemeint, Unternehmerinnen und Unternehmer.

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E I N L E I T U N G

'Kleinschaliges Marketing': Zwei Worte, die aus total verschiedenen Denkwelten zu kommen scheinen. Sie machen es beinahe zu einem unverständlichen, aber gleichzeitig auch herausfordernden Begriff. Es ist tatsächlich schwierig, eine passende Definition für kleinschaliges Marketing zu geben. Andererseits ist das auch nicht gleich notwendig. Jede hat wohl eine mehr oder weniger vage Vorstellung bei diesen Worten. Wir wollen mit diesem Buch erreichen, daß diese Vorstellung etwas 'farbiger' wird und mehr Gestalt bekommt. Und, was natürlich viel wichtiger ist, wir wollen das 'wie' des kleinschaligen Marketings aufzeigen.

Jede Unternehmerin hat inzwischen sicher erkannt, daß sie Marketing betreiben sollte. Aber das 'wie' ist immer ein großer Stolperstein.

Die landläufigen Bücher über Marketing und auch viele der Kurse und Studien sind hauptsächlich zugeschnitten auf große Firmen mit ihren spezialisierten Abteilungen, Fachkräften und externen Beraterinnen. Sie gehen von einer bestimmten Auffassung über das Unternehmen aus, einschließlich der Person der Unternehmerin und der Kundin. Die Unternehmerin mit einem kleinen Betrieb erkennt in dieser Sichtweise ihre eigenen Marketing-Probleme nicht wieder.

Das war für uns der Grund, um uns in das Marketing in einem kleinen Betrieb zu vertiefen.

Weil kleinschaliges Marketing nicht losgelöst von dem kleinschaligen Betrieb/Unternehmen betrachtet werden kann, beginnt das Buch hiermit. Hoffentlich bekommt dann der Begriff 'kleinschalig' in diesem Zusammenhang auch gleich etwas mehr Inhalt.

Uns interessiert hauptsächlich das Wie. Deshalb die Wahl für das "A-B-C" des kleinschaligen Marketings. Es ist eine andere Betrachtungsweise. Normalerweise wird die Marketingtheorie an den vier P's aufgehängt. Nicht, daß die P's wertlos sind; aber für das kleinschalige Marketing müssen sie neu gedeutet werden. Netzwerkeln - als Tätigkeit - ist hierfür das Schlüsselwort.

Uns interessiert die Unternehmerin als Person. In der Praxis hängt Unternehmen stark von den Menschen ab. Die Personen als Ausgangspunkte nehmen ist eines der wesentlichsten Dinge. Nicht die Unternehmerin an die Marketingtheorien anpassen, sondern - umgekehrt - mit der Unternehmerin als zentralem Punkt über Marketing nachdenken.

Das wird in der Marktverkennung und im Marketing-Mix stark hervorgehoben, wobei sich das A-B-C als vorzügliches Hilfsmittel zeigt.

Der zweite Teil dieses Buches geht tiefer ein auf Netzwerke bzw. Netzwerkeln, sowohl in theoretischer als auch in praktischer Hinsicht. Der kleine Betrieb funktioniert meistens dank eines Netzwerkes von Leuten rundherum. Aber wie stellst Du es jetzt an, um als Unternehmerin in Deinem eigenen Netzwerk zu netzwerkeln? Wie funktioniert das?

Der dritte Teil beschäftigt sich zur Gänze mit Marktforschung und geeigneten Methoden, um es selbst zu tun. Gerade durch dieses Selbst-Tun kriegst Du einen guten Eindruck, woran Du mit einem eigenen Betrieb beginnst. Deine Wahrnehmung steht dabei im Mittelpunkt. Doch ist Marktforschung auch formell häufig notwendig. Sie bildet einen wichtigen Teil des Unternehmensplanes, der heutzutage unentbehrlich ist, um die Mitarbeit von allerlei Institutionen zu bekommen.

Soweit im Telegrammstil der rote Faden dieses Buches. Neben dem Text enthält es zur Verdeutlichung viele Abbildungen und Beispiele. Vielleicht drücken sie noch am besten aus, was wir mit 'kleinschaligem Marketing' meinen.

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DAS A-B-C DES KLEINSCHALIGEN MARKETINGS


1. KLEINSCHALIGE UNTERNEHMEN

'Kleinschalig' hat in gewissen Kreisen einen besonderen Klang bekommen. Es symbolisiert eine Entwicklung vom Großen zum Kleinen, vom Möglichen zum Alternativen, vom Interesse für die Technik zum Interesse für den Menschen; oder eben von 'großschalig' zu 'kleinschalig'. Natürlich besteht die Neigung, hieraus Gegensätze zu machen und noch viele andere gesellschaftliche Entwicklungen hinzuzuziehen.

In Wirklichkeit sind es weniger Gegensätze als Dinge, die nebeneinander bestehen (müssen) und einander anfüllen. Was allerdings in keinster Weise verhindert, daß diese zwei Begriffe grundlegende Unterschiede beinhalten, wenn es auf Unternehmen ankommt. Diese Unterschiede treten erst in den Extremen deutlich hervor. In der Praxis vermischen sich 'großschalig' und 'kleinschalig' miteinander.

Warum dann doch so viele Worte für den Begriff 'kleinschalig'?

Am besten können wir das zeigen, wenn wir einige Kennzeichen eines kleinschaligen Unternehmens nennen. Unsere These lautet, daß der Unterschied im Unternehmen auch zu einem Unterschied im Marketing führen muß. Und das ist doch das Thema dieses Buches, oder?

 

Einige Kennzeichen eines kleinschaligen Unternehmens

DAS PERSÖNLICHE

Die Unternehmerin ist der Betrieb. Der Betrieb trägt ihre persönlichen Kennzeichen und ist damit eine Fortsetzung ihrer Persönlichkeit.

Je größer ein Betrieb wird, desto unpersönlicher wird sein Äußeres: es ist nicht mehr an die dort arbeitenden Menschen gekoppelt.

DIE KUNDIN

Die Kundin mit ihren Wünschen ist eine Gegebenheit. Es fehlt dem kleinen Betrieb einfach an Mitteln, um sie im großen Rahmen zu beeinflussen oder unbeachtet zu lassen. Eine stark auf die Nachfrage gerichtete Vorgehensweise ist demnach eine Grundvoraussetzung.

Und überhaupt sind die meisten Kontakte mit der Kundin persönliche Kontakte. Auch hier spielt wiederum die Person der Unternehmerin und ihre Persönlichkeit eine viel größere Rolle.

DIE FINANZIERUNG

Der Betrieb kann zu Anfang ausschließlich persönliche Sicherheiten bieten, keine materiellen, geschäftlichen. Das erfordert folglich eine andersartige Kreditbeschaffung.

DIE PRODUKTION

Je kleiner ein Unternehmen ist, desto größer ist der Faktor Arbeit. Der kleine Betrieb ist arbeitsintensiv anstelle von kapitalintensiv.

DAS MANAGEMENT

Du entscheidest selbst. Zwischen ein paar Menschen ist eine Hierarchie nicht notwendig und ganz sicher nicht so komplex wie in einem Großbetrieb. In der Verlängerung hiervon liegt die beschränkte Arbeitsteilung.

So wären natürlich noch weitere Kennzeichen nennbar. Aber in diesem Zusammenhang geht es darum, den wesentlichen Unterschied zwischen 'großschalig' und 'kleinschalig' zu sehen.

Einige Leute entscheiden sich bewußt wegen dieses Unterschiedes. Andere müssen einfach, weil sie nun 'mal klein anfangen.

Gemeinsam ist ihnen auf jeden Fall, daß sie ein kleinschaliger Betrieb sind.

 

"PRACHTKERL"

Das Bild eines Unternehmers war früher sehr stereotyp und leicht wiederzuerkennen. Wer annimmt, daß das heutzutage sicher - nach allen gesellschaftlichen Entwicklungen - anders ist, irrt sich gewaltig. Noch stets ist Sprache von einem 'Prachtkerl'.

Sehr viele Unternehmer, um von den Unternehmerinnen einmal gänzlich zu schweigen, passen schon längst nicht mehr in diesen Rahmen. Logisch, daß sie dann auch nichts mit den daraus abgeleiteten Methoden und Theorien anfangen können.

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2.DAS A-B-C DES KLEINSCHALIGEN MARKETINGS

In den althergebrachten Marketing-Büchern dreht sich alles um die vier P's: Produkt, Promotion, Platz und Preis. Na ja, das weißt Du dann. Aber wie geht es weiter?

Das ist die eigentliche Frage, mit der sich manch' eine (beginnende) Unternehmerin herumschlägt. Mit den an den vier P's aufgehängten Marketing-Techniken kommst Du selbst nicht viel weiter. Die sind zu theoretisch, zu spezialisiert und oft auch einfach zu teuer.

Anders gesagt: Die Bücher sind zweifellos ungemein interessant, aber sie verhelfen Dir als Unternehmerin, die es selbst tun will bzw. muß, kaum zu praktikablen Möglichkeiten.

Und so entstand die Idee des A-B-C's, womit Marketing zu etwas wird, mit dem Du auf logische Weise selbst loslegen kannst.

A= ein DIN A 4-Blatt

Probiere einmal, auf nur einem DIN A 4-Blatt aufzuschreiben, um was für einen Betrieb es sich handelt, wie er funktioniert, was er produziert, für wen, und was ihn so besonders macht. Dies ist eine ausgezeichnete Übung und dient als Basis für Dein Verkaufsgespräch, den Handzettel, den Unternehmungsplan.

 

"TELEFON-TEST"

Erkläre einmal jemandem innerhalb von einer Minute, was für einen Betrieb Du hast. Solch ein Test ist vergleichbar mit einer Situation, wenn eine Kundin anruft, bei der Du Dich einführen willst. Dann ist es auch nicht sinnvoll, eine weitschweifige Geschichte zu erzählen.

DIE EINSEITIGE NOTIZ

Proctor und Gamble, ein sehr großer Betrieb in den USA, handhaben als eisernes Prinzip, daß eine Notiz nicht länger sein darf als eine Seite. Das fördert zielgerichtete Kommunikation und Beschlüsse über die wirklich wichtigen Dinge "... und schließlich sind wir keine papierverarbeitende Industrie".

B= Bäuerinnenverstand

Marketing ist viel einfacher, als Du wahrscheinlich denkst. Auf das meiste kannst Du selbst kommen, zumindest, wenn Du anders an die Dinge herangehst.

Diese Voraussetzung ist auch gleich das Schwierigste. Wenn Dir das Unternehmerinnentum nicht in die Wiege gelegt wurde, ist solch ein Umschalten ein großer Schritt: Umschalten von Deiner Sicht als Privatperson zum Schauen als Unternehmerin.

 

DIE GELBEN SEITEN

"Schlag nach in den gelben Seiten", "blättere im Branchenverzeichnis nach" - dann weißt Du gleich, wer Deine Konkurrentinnen sind. (Hast Du übrigens den Slogan auch erkannt und den Fingerzeig?) Wenn Du sie mit Reißzwecken auf einem Stadtplan markierst, hast Du einen Übersichtsplan der Niederlassungen in Deiner Branche.

MODEFARBEN AUS DEM ... -KATALOG

Versandfirmen müssen ihrer Zeit voraus sein, also auch, was die neuen Modefarben betrifft. Eine Frau in Gouda, die handbedruckte Stoffe herstellt, berücksichtigt diesen 'Tip' in ihrer Produktion.

C= Consistenz (Zusammenhang)

In einem Unternehmen hängt alles mit allem zusammen. Als eine der ersten Bedingungen gilt, daß es dabei keine Widersprüchlichkeiten gibt. Alle Leute sind schon so 'vorprogrammiert', daß sie sofort - und häufig genug negativ - auf Widersprüche reagieren.

Vielleicht wäre es besser, um von Ausgewogenheit zu sprechen. Natürlich darf auch etwas herausragen, wenn es durch etwas anderes ausgeglichen wird. Schließlich ist nichts perfekt; und ein paar Überraschungen sind Prima.

 

DIE 'DIGITALEN' BUCHSTABEN


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Beim Anblick dieser Buchstabentypen denken alle an ...?

Vorstehende Beispiele veranschaulichen, was mit dem A-B-C gemeint ist. Im Verlauf des restlichen Buches kommen wir immer wieder darauf zurück.

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3. DIE PERSON DER UNTERNEHMERIN

Weiter oben hast Du bereits lesen können, daß die Person der Unternehmerin eine wichtige Rolle spielt in der Art und Weise von Unternehmen. Stärker noch: Das Unternehmen und die Person sind eine Einheit. Und diese Einheit ist der Betrieb. Kleinschalig Unternehmen bedeutet Du-selbst-sein (es sei denn, Du spielst gerne und gut Theater). Für die Kundin ist das Gesicht des Betriebes also das der Unternehmerin, das am meisten wiedererkennbare.

 

DAS 'GESICHT' EINES BETRIEBES

Überlege Dir einmal, welches Gesicht für Dich zu welchem Betrieb gehört: beim Tante-Emma-Laden an der Ecke, dem Supermarkt, dem Kaufhaus, dem Versandhaus. In diversen Werbekampagnen wird versucht, großen Konzernen wieder ein 'Gesicht' zu geben. Eine einzelne (prominente) Person nimmt dabei einen herausragenden Platz ein.

Unternehmen beginnt demnach auch mit einer Portion Selbsterkenntnis. "Was bin ich für eine? Wie gehe ich mit Menschen um? Was macht mir Spaß? Wie denke ich über Unternehmen? Was will ich mit meinem Betrieb erreichen? Wen finde ich sympathisch? Vertraue ich auf mich? Wie wirke ich auf andere? ... usw. ..."

 

WER DENKEN SIE EIGENTLICH DASZ SIE SIND?

(Und denken andere darüber genau so?)

Solch eine 'Selbsterforschung' wirkt vielleicht wie ein psychologischer Test. Das ist es natürlich nicht. Du solltest nur einfach einmal etwas über Dich selbst nachdenken, mit Deinem Bäuerinnenverstand. Eigentlich müßte die Markterkundung mit solch einer Selbsterforschung beginnen. Das Ergebnis ist von wesentlichem Einfluß auf das Wie, Was und Warum des Betriebes. Die Betriebsführung muß auf die Person der Unternehmerin zugeschnitten sein. Das ist gleichzeitig einer der großen Pluspunkte des kleinschaligen Unternehmens. Hier ist das noch möglich.

 

'NACHTEULE'

Wenn Du eine Nachteule bist, lohnt sich die Mühe, Deine Geschäftszeiten daran anzupassen. Besprechungen am Abend sind für Dich dann kein Problem. Und morgens bis 11 Uhr muß die Kundin eben ihre Nachricht auf dem Telefonbeantworter hinterlassen.

'NICHT VIEL REDEN, SONDERN MACHEN'

Wenn Du keine Rednerin sondern eine Macherin bist, solltest Du keine Verkaufstechnik wählen, die sich auf ein flottes Schwätzchen gründet. Besser wäre es in solch einem Falle, wenn Du der Kundin gleich etwas zeigen kannst, was für sich selbst spricht, wie z.B. ein Muster, eine Broschüre, das Schaufenster, eine Zeichnung usw.

Als Person und Unternehmerin stehst Du tatsächlich auf der einen Seite des Marktes, und an der anderen Seite steht die Kundin, die Auftraggeberin. Das ist auch 'nur' ein Mensch. "Was findet sie wichtig? Wie denkt sie? Welche Probleme hat sie?, welche Eigenarten?"

Zwischen dem Betrieb und der Kundin besteht ein Spannungsfeld. Genau das macht die Marktlücke aus, es bestimmt die Arbeitsweise des Betriebes und die Präsentation.

 

DIE PSYCHOLOGIE DES VERKAUFSPROZESSES

Einen teueren (handgearbeiteten) Tisch wirst Du wohl kaum plötzlich, einer spontanen Eingebung folgend, kaufen. Vor dem Kauf spielt sich ein ganzer Prozeß ab: Du mußt Dich erst an den Gedanken und den Preis gewöhnen und einen Entwurf auswählen, bevor Du dann tatsächlich den Auftrag erteilst. Eine Möbelmacherin muß all' diese Schritte mit vollziehen und die Kundin mit entsprechenden Informationen 'leiten'. Nicht zu eilig, weil das abschreckt, und nicht zu wenig, weil die Kundin dann zu keinem Entschluß kommen kann. Und sehr gut zuhören, um herauszufinden, was die Kundin nun eigentlich genau will, um ein entsprechendes Angebot machen zu können.

Darum spielt bei der Markterkundung die Menschenkenntnis eine so wichtige Rolle. Nicht die einzige, weil Du auch noch Informationen benötigst über Produktionsmethoden, Preise und viele andere Dinge. Aber mache in jedem Fall sorgfältig Bekanntschaft mit Deinen Kundinnen und Dir selbst!

In einem kleinschaligen Betrieb ist nicht allein die Kundin Königin. Die Unternehmerin will schließlich selbst auch etwas. Sie beginnt den Betrieb mit einer bestimmten Absicht. Das kann eine ganz simple sein: genug Geld zu verdienen. Aber es kann auch noch viel mehr dahinter stecken: "Ich will endlich mein eigener Boß sein", oder "ich möchte den ganzen Tag lang Kaffee trinken können", oder "ich will etwas tun, was ich in meinem jetzigen Job nicht kann".

 

Nicht nur die Kundin sollte zufrieden sein, sondern auch die Unternehmerin.           

Es ist gut, wenn ein Betrieb ein deutliches, erkennbares Ziel hat. Aber es sollten nicht zu viele sein. Das wirkt verwirrend, sowohl auf die Unternehmerin als auch auf die Kundin.

Die Selbsterforschung muß also zu einer Wahl führen: Was ist wirklich wichtig. Das bekommt dann Vorrang und wird zum Leitfaden. Den Rest kannst Du vielleicht in ein paar Jahren verwirklichen.

 

DER "GROSZE TRAUM"

vom menschen- und umweltfreundlichen Unternehmen: sinnvolle Produkte; hohe Qualität; für alle erschwinglich; keinerlei Gebrauch von schädlichen Mitteln; alle müssen alles können und machen; Lohn entsprechend dem individuellen Bedürfnis; keine Chefin; Teilzeitarbeit; Kontinuität; andere Bezahlungssysteme; eine neue gesellschaftliche Ordnung; ... ...

Kleinschalig Unternehmen ist also nicht etwas, das sich zwischen 'Betrieben' und dem Markt abspielt, sondern zwischen Menschen. Als Unternehmerin arbeitest Du in einem Netzwerk von Beziehungen: persönlichen Beziehungen. Das sind Beziehungen zu Kundinnen, Lieferantinnen, anderen Unternehmerinnen, zu Freundinnen und Bekannten. Es ist das Spiel des 'irgendwo etwas gehört haben', des Weitersagens, der Mund-zu-Mund-Reklame, 'Kontakte knüpfen', 'Beziehungen pflegen', 'geben und nehmen', usw. Dazu gehören auch die mehr negativen Vorstellungen von 'Vereinsmeierei', 'Vetternwirtschaft', 'Bestechung' und 'Korruption'.

Netzwerkeln, und hierbei liegt der Nachdruck auf der Tätigkeit, spielt unserer Meinung nach eine große Rolle im kleinschaligen Marketing. Aber dazu ist es notwendig zu verstehen, worum es dabei geht. Deshalb beinhaltet dieses Buch eine Anzahl spezieller Kapitel über Netzwerke. Sie sollen mehr Einsicht geben in das Arbeiten mit Beziehungen, im Umgang mit Deinem persönlichen Netzwerk. Das ist nämlich ausgesprochen gut brauchbar bei der Markterkundung und beim Marketing. Der Marketing-Mix liefert dann die Mittel zum Netzwerkeln.

  "ANSICHTSKARTEN"

Wir sind daran gewöhnt, als Geschäftskorrespondenz Briefe zu schreiben mit jeweils prächtigen Standardformulierungen und schwerfälligen Schlußsätzen. Versuch es doch einmal mit einer schönen Karte! Ein Vorbild für's Netzwerkeln mit vielen Vorteilen:

  • keine komplizierten, nichtssagenden Phrasen, weil dafür der Platz nicht ausreicht;
  • Du bist gezwungen, nur das wirklich Wichtige zu schreiben (vergleichbar mit dem DIN A 4-Blatt);
  • durch die Wahl der Karte kannst Du persönliches Interesse zeigen;
  • ein Brief wird 'abgelegt' - aber eine schöne Karte bleibt oft lange an der Pinnwand hängen und hat somit viel Aufmerksamkeitswert';
  • es regt die Empfängerin zu einer persönlichen Reaktion an.

Wenn Netzwerkeln etwas gänzlich Unbekanntes für Dich ist, ist es ratsam, erst die Kapitel 6 bis 9 zu lesen, bevor Du Dich dem 4. Kapitel widmest.

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4. MARKTERKUNDUNG

"Was mußt Du erkunden?" Im Prinzip gibt es darauf nur eine Antwort: "Was will die Kundin?" Darum dreht sich alles. Weil es letztendlich die Kundin ist, die das Fortbestehen eines Betriebes sichert.

Das Problem liegt nun darin, daß 'die Kundin' sehr viel will. Sie hat nicht nur Wünsche bezüglich des Produktes selbst, sondern auch noch darüber, wie es verkauft wird, die Bedienung, womit, für wieviel, usw. usw. Also mußt Du doch alles erforschen.

Bei Markterkundung/-forschung denken viele ziemlich schnell an komplizierte Forschungsmethoden, Umfragen, Tests, und dergleichen.

Glücklicherweise kann das für einen kleinen Betrieb ein ganzes Stück einfacher sein und auch weniger weit hergeholt.

I. D u - s e l b s t

"Was hälst Du eigentlich selbst von Deinen Ideen für Deinen Betrieb? Würdest Du selbst in solch einem Laden kaufen? Findest Du es selbst auch schön? Findest Du es billig?"

"Ja, natürlich," lautet wahrscheinlich Deine Antwort, "ich habe doch schließlich alles selbst bedacht." Denk dann noch einmal gut darüber nach, doch jetzt mit einer gehörigen Portion Selbstkritik, Fachkenntnis und Gefühl für die Sache.

 

SERVICE
Menschen sind empfänglich für Service, Du also auch. Versuche einmal, bei Dir selbst herauszufinden, bei welchen Einkäufen der Service Einfluß auf Dich hat und bis zu welchem Preis: vom Kauf eines Brotes, eines Plattenspielers bis hin zum Auftrag für einen Umbau.

Bist Du immernoch von Deiner Sache überzeugt? Gut, nun gibt es nämlich einerseits bereits eine zufriedene Kundin, und andererseits hat die Unternehmerin damit eine bessere Grundlage, um mit Überzeugung verkaufen zu können. Das scheint eine äußerst subjektive Sichtweise. Doch die Unternehmerin ist privat auch Kundin. Folglich ist sie genau wie jede andere vorprogrammiert. Sie zeigt die gleichen Reaktionen wie viele andere auf Reklame, das Äußerliche von Geschäften, Anzeigen, den Präsentationsstil usw. Also kann sie sich selbst sehr gut als Maßstab nehmen.

 

UNTERNEHMEN IST GLAUBEN
Häufig wird der Eindruck geweckt, daß der Erfolg eines Unternehmens von der Marktforschung und dem Unternehmensplan abhängt. Natürlich sind sie wichtig, doch an erster Stelle kommt sicher der eigene Glaube an den Betrieb. Um anderen etwas verkaufen zu können, mußt Du selbst 200 %-ig daran glauben. Das ist auch die Grundlage, um Dich durchzusetzen, wenn Du auf Hindernisse stößt.

II. K u n d i n n e n

Sobald der Betrieb läuft, können die eigenen Kundinnen helfen, die gelieferte Arbeit kritisch zu betrachten. Aber nicht nur das. Zusammen mit der Kundin bzw. der Auftraggeberin können neue Ideen entwickelt werden. Solche Kontakte müssen natürlich gut geknüpft und umzorgt werden. Nichts ist so schwierig, wie eine Kundin geradeheraus zu fragen, ob sie zufrieden ist - besonders, wenn Du selbst zweifelst. Darum ist netzwerkeln, auch mit Deinen Kundinnen, so wichtig.

 

"Sind Sie zufrieden?"           ...."Dann sagen Sie es bitte weiter."

"Sind Sie unzufrieden?"           ...."Dann sagen Sie es bitte mir."

III. A n d e r e

Von anderen läßt sich eine Menge lernen, zu allererst von der Konkurrenz. Ein gutes Vorbild ist viel wert. Doch beschränkt sich das nicht allein auf die Konkurrenz. Neue Ideen finden sich an den seltsamsten Stellen. Häufig sind Entwicklungen in anderen Branchen der Auslöser für neue Errungenschaften in Deiner eigenen Branche. Oder oft kannst Du auch feststellen, daß Tendenzen und Trends aus den USA ein paar Jahre später bei uns zu finden sind. Und meist hinkt das 'platte Land' den Großstädten hinterher.

 

EINKAUFSZENTREN
Weshalb bleibst Du vor einigen Schaufenstern stehen, während Du an anderen achtlos vorbeigehst? Was ist mit dem Geschäft los, in das Du sicher niemals gehen wirst?

Eine belebte Einkaufsstraße ist ein offenes Nachschlagewerk für Verkaufstechniken, Einrichtungen, Preise und Werbungsmöglichkeiten.

TRENDS
In den letzten Jahren sind die 'Croissanteries' in den Einkaufsgebieten vorgerückt. Wird es im nächsten Jahr die Naturkost-Welle sein?

Durch das Schauen lernst Du eine ganze Menge. Noch interessanter wird es jedoch, wenn Du Deine Gedanken und Erfahrungen auch mit jemandem austauschen kannst.

Die Praxis zeigt, das letzteres nicht so einfach zu verwirklichen ist. Die meisten Unternehmerinnen sehen einander als Konkurrentinnen, oder die eine will nicht zurückstehen hinter der anderen im Erzählen "wie fantastisch es doch alles läuft" oder ... Eine neue Herausforderung also für Dein Netzwerk.

IV. D i e P r e s s e

Die Presse ist eine wichtige Informationsquelle. Sowohl in Fachzeitschriften als auch in regionalen Zeitungen und Hauswurfsendungen stehen interessante Dinge über neue Entwicklungen, wichtige Ereignisse, Regelungen usw.

Die Zeitungen enthalten zudem zahllose Vorbilder für das Layout und den Inhalt von Anzeigen. Manchmal erfordert es einiges Nachdenken, um den Nutzen einer Information für den eigenen Betrieb zu erkennen. Aber das hat dann wieder alles mit dem "B" des A-B-C's zu tun.

 

KUNDINNENINFORMATION

  • Ein Betrieb, der Spielzeug für gehandicapte Kinder entwickelt, schöpft aus Stellenanzeigen Informationen über Institutionen und Einrichtungen.
  • Ein Büro, das baukundliche Ratschläge an Bewohnerinnengruppen erteilt, erfährt häufig aus der Regionalzeitung, welche Gruppen Probleme haben.
  • Eine Holzdrechslerin verfolgt aufmerksam alle Broschüren der Umgebung, die an Touristinnen ausgeteilt werden. So weiß sie, wo jeweils Märkte stattfinden.
  • Eine Zeitschrift veröffentlichte kürzlich eine Übersicht des derzeitigen Cateringmarktes mit den zu erwartenden Entwicklungen.
  • Anzeigen von Betrieben zeigen, wie sie sich auf den neuen 'Seniorinnen-'Markt einstellen.

V. M a r k t f o r s c h u n g

Marktforschung an Hand von statistischem Material, Umfragen, Tests und anderen Methoden kann viel nützliche Information einbringen. Es kostet allerdings eine ganze Stange Geld; jedenfalls, wenn Du es für Dich ausführen läßt. Und dabei ist es noch die Frage, ob die Forscherin wirklich mehr über die Branche weiß als Du.

Manchmal täuschen die Ergebnisse auch. In einem kleinen Betrieb geht es nicht um die Frage, wie groß der Markt ist, sondern ob Du in der Lage bist, einen ausreichend großen Teil des Marktes zu versorgen, um bestehen zu können.

Glücklicherweise sind inzwischen Marktforschungsmethoden für kleinschalige Unternehmen entwickelt worden. Damit kannst Du selbst die nötigen Daten sammeln, die Du für Deinen Betrieb brauchst. Wenn Du diese Angaben mit den Ergebnissen allgemeinerer Marktforschungsuntersuchungen kombinierst, kommst Du damit ziemlich weit.

In der Fachpresse beispielsweise werden viele Marktforschungsergebnisse vorgestellt. Branchenorganisationen verfügen über noch mehr Angaben. Und ansonsten gibt es zahllose weitere Organisationen, wie die Industrie- und Handelskammern, Universitäten, Fachhochschulen, Innungen, Branchendienste, Gewerkschaften, Handwerkskammern, Beratungsstellen für Jung-Unternehmerinnen und den TÜV.

 

DIE INDUSTRIE- UND HANDELSKAMMER
Manchmal erscheinen sie als lästiges Hindernis mit all den Vorschriften und Bewilligungen. Aber sie geben auch viele nützliche Information in ihrem monatlichen Blatt und der jährlichen Wegweiserzeitung über die neuesten Subventionsmöglichkeiten.

In den Kapiteln 10 bis 14 steht ausführlich beschrieben, welche Methoden für Dich als Unternehmerin brauchbar sind und wie Du sie anwenden kannst.

 

TEST
Zeige Freundinnen und Bekannten den Namen, den Du Dir für Deinen Betrieb ausgedacht hast, und bitte sie anschließend, Dir zu sagen, woran sie bei diesem Namen denken. Was stellen sie sich vor, macht ein Betrieb mit solch einem Namen. Das gleiche kannst Du auch tun mit Deinem Geschäftszeichen, Deinem Plan, oder ...

Einfach ausprobieren bei ein paar Menschen aus Deinem Netzwerk.

Markterkundung mit Hilfe der oben beschriebenen fünf Quellen ist äußerst geeignet zur Anwendung des A B C's. Eine genaue Vorstellung des eigenen Betriebes vereinfacht die Suche. Und Dich dann mit der 'Unternehmerinnen-Brille' auf der Nase gut umschauen und den Verstand gebrauchen.

Das verlangt allerdings einige Übung. Es kostet Zeit, bevor Du weißt, worauf Du eigentlich achten mußt, und bevor Du erkennst, was Du damit anfangen kannst. Nicht jede ist es gewöhnt, um mit anderen über diese Art Dinge zu reden.

Damit ist übrigens noch ein wichtiger Aspekt der Markterkundung kurz angedeutet worden, nämlich, daß sie ständig weitergeführt werden muß. Der Markt verändert sich permanent, und das erfordert eine Mit-Entwicklung. Markterkundung muß auch nach dem Start eisern weitergehen. Jede - noch so gute - Idee ist nach einiger Zeit veraltet.

Die Unternehmerin sollte dies nicht anderen überlassen. Die gewonnenen Informationen sind so wichtig für die Betriebsführung, daß nur die Unternehmerin selbst beschließen kann und muß, was damit geschehen soll.

 

BUCHHALTUNG
Marketing wird nur allzu gerne verglichen mit der Buchhaltung. Am liebsten wird es der Buchhalterin übertragen.

Aber genauso wenig, wie Du der Buchhalterin das Geld-verdienen überlassen kannst, kannst Du Dein Unternehmen Marketing-Fachleuten übergeben. Kleinschaliges Marketing ist viel zu dicht mit dem Unternehmen verwoben, um es aus den Händen zu geben.

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5. M A R K E T I N G - M I X

Ein Betrieb präsentiert sich auf zahllose Arten der Außenwelt, vom Handzettel bis hin zur Farbe der Eingangstür. Einmal geht es dabei um Kundinnenwerbung, ein anderes Mal um Verbesserung des Images, oder darum, einen bestimmten Eindruck zu erzielen, oder um Information, oder die Versorgung Deines Netzwerkes.

Es erfordert eine ganze Menge Fleiß, um genau herauszubekommen, auf welche Weise Du das als Unternehmerin alles tun kannst bzw. solltest. Zusammengefaßt bilden all' diese Mittel den Marketing-Mix.

Für den Marketing-Mix gilt wie für kaum etwas anderes, daß er consistent, zueinander passend sein muß. Gegensätzlichkeiten stören das Bild und verringern die Wirkung. Format, Verpackung, Stil, Farbwahl, Ton, Preis, Ausstaffierung usw. sollten aufeinander abgestimmt sein. Die Präsentation weckt bestimmte Erwartungen, die das Produkt oder die Dienstleistung danach erfüllen, wahr machen muß.

Es ist schwierig, ganz allgemein anzugeben, was der ideale Marketing-Mix ist. Was bei dem einen Betrieb ausgezeichnet wirkt, kann bei einem anderen zuviel des Guten sein.

 

KLEINANZEIGEN
Ein Fortbildungszentrum gibt Nachhilfeunterricht. Zuerst ließ es für 100 DM pro Stück normale Anzeigen drucken, die natürlich bei diesem Betrag nicht gerade riesig ausfielen. Keine einzige Kundin reagierte. Das wurde schlagartig anders nach 2 aufgegebenen Kleinanzeigen. Offensichtlich wurden diese Spalten durch die Zielgruppe bis zum letzten Buchstaben 'verschlungen'.

Die Markterkundung liefert - wenn es gut geht, zumindest - viele Informationen darüber, wie andere Betriebe in der entsprechenden Branche vorgehen. Daraus entsteht ein erster Ansatz für den Marketing-Mix. Später kann er mit eigenen Ideen ergänzt werden.

 

REKLAME-BUDGET
"Wieviel Geld muß ich nun eigentlich für Reklame ausgeben?" Eine oft gestellte Frage. Doch ist die Frage verkehrt formuliert. Das Budget ist abhängig von dem notwendigen Marketing-Mix. Und wenn Du den wissen willst, dann sieh Dir einmal 'die Konkurrenz' an.

Der Marketing-Mix verfolgt drei Ziele:

  1. Namensbekanntheit
  2. Bildformung / Image
  3. Information(-sübertragung).

Zum Marketing-Mix gehört alles, was mit dem Verkaufen zu tun hat. Das ist sehr viel, aber nicht genug.

 

"FERTIG IN 3 STUNDEN"
Die Produktionstechnik kann das wichtigste Verkaufsargument im Marketing-Mix sein. Das Auftauchen der Foto-Printläden ist ein gutes Beispiel dafür.Die Kundin möchte ihren Abzug schnell haben. Folglich ist eine Technik entwickelt worden, bei der die Entwicklungs- und Abzugsarbeiten wieder im Fotogeschäft selbst geschehen. Wie das Innenleben des Apparates aussieht, interessiert die Kundin nicht, wenn nur ihr Foto nachmittags fertig ist. Daß es sich hierbei um ein produktionstechnisches 'Wunder' handelt, ist gleichzeitig andererseits das Verkaufsargument der Händlerin gegenüber dem Fotogeschäft. Doch wie der Apparat hergestellt wird, ist ausschließlich für die Fabrik von Interesse.

Um einen Eindruck zu vermitteln, was der Marketing-Mix alles beinhaltet, sind in dem folgenden Schema eine ganze Menge Aspekte aufgezählt worden. Sie sind in Gruppen zusammengestellt; einzelne Gesichtspunkte überschneiden sich dabei teilweise. Dieses Übersichtsschema läßt sich beim Aufstellen eines Marketingplanes prima als Checkliste gebrauchen.

Übersicht des Marketing-Mixes

I. WAS DAS HAUS VERLÄSST
a das Produkt / die Dienstleistung
•das Produkt selbst
•Mund-zu-Mund-Reklame
•Muster, Probeexemplare
•Fotoalben

b Namensbekanntheit, Bildformung
•Geschäftszeichen
•Briefpapier, -umschläge
•Rechnungspapier
•Verpackungsmaterial
•Aufkleber, Visitenkarten, Werbegeschenke
c Informationsmaterial
•Handzettel, Faltblätter, Broschüren
•Hefte, kleine Bücher
•Plakate
•Betriebszeitung
•audio / visuel
d Presse
•Anzeigen
•Presseberichte
•Ankündigungen, Bekanntmachungen
•Artikel
•'free-publicity'
•Interviews
e Aktivitäten
•Messen, Märkte, Kundgebungen
•Vorträge
•Sponsorinnenschaft



f Kontakte
•Anrufbeantworter
•Verkaufsgeschichte




II. RÄUMLICHKEIT / STANDORT
a Lage
•Erreichbarkeit
•'passende Umgebung'


b Außenseite
•Vorderseite
•Schaufenster
•Aushängeschilder
•Reklameschilder
•Eingang
c Einrichtung
•Stil des Inventars
•Übersichtlichkeit
•Wege
•Aufstellung der Produkte

III. DIE PERSON
a Persönlichkeit
•Verhalten
•Haltung
•Sprachgebrauch / Wortwahl
b Kleidung

c 'Ausstrahlung'
•Selbstvertrauen
•Interesse
•(jugendliche) Begeisterung

IV. ARBEITSWEISE
a Verkaufstechniken
•Ladentisch
•Marktstand
•Versand
•Offerten
•Kopplungsverkauf
b Arbeitsmethoden
•Produktionsweise
•Präsentationsweise
•Prozeduren

c Service
•Schnelligkeit
•Vertrauenswürdigkeit
•Erreichbarkeit

V. DER PREIS / KALKULATION
a normaler Preis
•Was ist die Kundin gewöhnt?
b maximaler Preis
•Was ist die Kundin bereit zu zahlen?
c minimaler Preis
•Was ist noch glaubwürdig für die Kundin?

PS:Der Selbstkostenpreis ist ausschließlich für Dich interessant (um nämlich herauszufinden, ob sich das Geschäft lohnt).

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NETZWERKE / NETZWERKELN


6. DAS PERSÖNLICHE NETZWERK

Schauen wir uns noch einmal die bekannte Eselsbrücke mit den 4 P's an: Produkt, Preis, Platz und Promotion. Du fragst Dich wahrscheinlich, ausgehend vom kleinschaligen Marketing, wo Du in dieser Reihe die unternehmende Person unterbringen sollst. Sie ist immerhin diejenige, um die sich alles beim kleinschaligen Marketing dreht.

Eigentlich ist die kleinschalige Unternehmerin selbst das Produkt. Die Kundin schaut sich zuerst Dich an: Wer bist Du? Was hast Du zu bieten? Erst danach fällt der Blick auf das Angebot, das Du in Deinen Händen hälst.

Den Preis stellt dann Dein Selbstwertgefühl dar: Was bist Du in Deinen Augen wert? Hast Du eine realistische Einschätzung davon, was Du selbst und Dein Produkt wert sind?

Das vierte P, das für Promotion steht, ist ebenfalls erkennbar: Kannst Du deutlich machen, was Du zu bieten hast und zu welchem Preis? Kommt Dein Angebot an bei den richtigen Leuten?

Das dritte P, das P für Platz (oder auch Distribution, Vertriebswege) scheint sich nicht so einfach 'übersetzen' zu lassen. Von Geschäftsketten bzw. Filialen kann keine Rede sein, ebensowenig wie von festen Verträgen mit allerlei Zwischenhändlerinnen. Wie läuft das dann bei der kleinschaligen Unternehmerin? Sie hat ein privates und ein geschäftliches Netzwerk von Beziehungen, Familie und Freundinnen, womit ihre 'Anwesenheit' realisiert wird. Dieses Netzwerk ist faktisch die Summe aus allen Informationskanälen für das Produkt und die Promotion.

Das erklärt, warum beim kleinschaligen Marketing die Person der Unternehmerin und ihr Netzwerk so überaus wichtig sind.

Wie kommst Du nun an solch ein persönliches Netzwerk? Und wie kannst Du in Deinem eigenen Netzwerk netzwerkeln? Hast Du vielleicht schon eins und gebrauchst es eifrig? Darum geht es in diesem Abschnitt über Netzwerke.

Schalterbeziehungen oder 'echte'?

In unserer modernen Gesellschaft sind die sachlichen, geschäftlichen Beziehungen sehr erstarrt. Für die Arbeitnehmerin besteht eine scharfe Trennung zwischen geschäftlichen Beziehungen - mit der Chefin, der Arbeitgeberin, den Kundinnen - und persönlichen. Erst nach Arbeitsende trifft sie ihre Freundinnen. Aber auch ansonsten stellen wir uns in unserer (Arbeiternehmerinnen)Gesellschaft stets mehr auf institutionalisierte Beziehungen oder 'Schalterbeziehungen' ein: beim Finanzamt, der Post, den Verbraucherzentralen, der Industrie- und Handelskammer und bei vielen anderen 'Schaltern'. Du weißt genau, was Du dort holen willst bzw. liefern sollst - und auch, worauf Du 'Anspruch' hast.

Das Selberknüpfen von neuen Kontakten - und darauf für Dein Überleben zu vertrauen - ist unbekannt und verunsichert. Kleinschaliges Unternehmen bedeutet jedoch persönlichen Umgang mit Kundinnen, Auftraggeberinnen und Kolleginnen. Dabei wird das Persönliche und das Sachliche durcheinandergeworfen. Das ist neu. Wir sind meistens mit Schalterbeziehungen aufgewachsen. Die kleinschalige Unternehmerin muß das Spiel mit Beziehungen, das Netzwerkeln, auf's Neue lernen. Auf's Neue: weil Netzwerkeln an sich sehr alt ist. Es ist unsere erste soziale Errungenschaft, älter als die ersten Schriftzeichen.

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7. NETZWERKE / NETZWERKELN

Was sind Netzwerke? Was ist Netzwerkeln?

Als Hauptwort stehen 'Netzwerke' für eine Alternative für bürokratische Organisationsstrukturen. Sie können die Form von festen Clubs annehmen, wie beispielsweise "Rotary" oder ein 'business-club'. Andere Beispiele: "Die Mafia ist ein illegales Netzwerk.", oder "Ich habe mein Netzwerk an die Wand gemalt." Auch ein lockerer Verband, wie ihn beispielsweise Briefmarkensammlerinnen bilden, die einander zu einem festen Zeitpunkt an einer bestimmten Stelle treffen, könnte als Netzwerk bezeichnet werden. Das gilt auch für Deine Freundinnen, die Du stets in Deiner Stammkneipe triffst.

'Netzwerkeln' als Tätigkeit bedeutet das Aufbauen, Unterhalten und Abbauen Deiner Kontakte. Es beinhaltet auch Fragen-stellen, Austausch von Neuigkeiten, Geschenken bzw. Visitenkarten, und selbstverständlich hauptsächlich das 'normale' Geschäfte-machen. Die beste Art, ein Netzwerk zu unterhalten, besteht darin, es einfach zu gebrauchen. Tausch ist dabei ein wichtiger Faktor. Gleichwertiger Tausch ist der beste Baustein in Beziehungen von Menschen zueinander.

  TELEFONNETZWERK
Einem Frauenchor im Zipfel von Nordholland passiert es des öfteren, daß Proben im letzten Moment abgesagt werden müssen. Die Leiterin ruft dann nur einige Frauen an, und innerhalb kürzester Zeit wissen es alle 51 Sängerinnen. Keine Frau braucht mehr als 3 Anrufe zu tätigen.

Netzwerkeln als Tätigkeit besteht aus der Kunst, Strukturen in der Welt zu entdecken, innerhalb derer Du nützliche Verbindungen für Dich selbst und andere knüpfen kannst. Alles, was Du dazu nötig hast, sind ein paar Grundregeln - und die Überzeugung, daß es sich dabei um eine sinnvolle Beschäftigung handelt.

Organisationen ohne Struktur

Das neue Interesse für das alte Phänomen Netzwerk entstand in den 60-er Jahren im Zusammenhang mit verschiedenen erfolgreichen Emanzipationsbewegungen. Namentlich 'Black Power' und die Pfingstgemeinde in den USA erregten die Aufmerksamkeit der Forscherinnen. Beide Gruppen hatten eine lockere, dezentralisierte, segmentierte und unbrokratische Organisationsform. Die Forscherinnen beschrieben es als "ein Fischnetz mit Maschen und Knoten unterschiedlicher Größe, mit allerlei direkten und indirekten Verbindungen". Für konventionelle Forscherinnen besaßen diese Organisationen keine Struktur.

Netzwerkeln als Tätigkeit rückte weiter ins Interesse als Teil des Selbsthilfetrends. Dieser Trend entstand damals, als zu Beginn der 70-er Jahre die Behörden und die Bürokratien überhaupt die ihnen zugewiesenen Aufgaben schlecht bzw. unnügend ausführten. Das Versagen der hierarchischen Strukturen bei der Lösung von gesellschaftlichen Problemen zwang die Menschen dazu, miteinander zu überlegen. Das war die Geburtsstunde der 'Kleinschaligkeit' und der Wieder-Beginn des Netzwerkelns (als Tätigkeit).

Für die kleinschalige Unternehmerin ist diese strukturelle Rückkehr des Netzwerkelns allein von Interesse als Hintergrund für ihr eignes Netzwerk. Wie komme ich an Informationen? Wie verkaufe ich meine Dinge und Dienste? Wie stelle ich es an, daß mein Name im richtigen Moment an der richtigen Stelle genannt wird? Wie komme ich an das geheimnisumwitterte B von Beziehungen? Meinetwegen kann es ruhig die älteste soziale Errungenschaft sein - ich möchte lieber wissen, ob ich 'es' auch lernen kann.

  AKTIONSNETZ
In einem Betrieb war es 'üblich', daß schwangere Arbeitnehmerinnen kündigten. Als Annette in andere Umstände kam, wollte sie bleiben. "Welche Probleme sind zu erwarten? Wer kann mir helfen, wenn sich das Durchbrechen dieser schlechten Gewohnheit schwieriger erweist, als es mir jetzt vorkommt?"

Eine Kollegin schlägt ein Wohnzimmertreffen vor und hängt sich ans Telefon. Innerhalb von zehn Tagen sitzen ein Dutzend Frauen beieinander und besprechen alle juristischen, gefühlsmäßigen und praktischen Aspekte. Annette ist informiert. Das Netzwerk wird aufgehoben; aber sie weiß, wen sie um Hilfe angehen kann. Im Notfall kann das ganze 'Netz' wieder zusammen kommen.

Wie stellst Du das nun in der Praxis an?

Um gleich konkret zu werden, ein äußerst praktischer Rat. Leg' Dir - neben Deinem Adressbüchlein, Deiner Kartei oder den Angaben im PC - einen simpelen Satz kleiner Karten zu, auf die Du nur die Vornamen Deiner Bekannten schreibst. Am besten nimmst Du kleine Karten, die sich genauso einfach wie Patiencekarten verschieben lassen. Dabei geht es um 'warme' Kontakte; d.h. um Menschen, die Du gut kennst und die Dich gleichzeitig auch einigermaßen gut kennen. Du kannst sie ziemlich einfach um eine Gefälligkeit bitten; sei es auf Kredit, sei es im Austausch mit einer Gegenleistung. Solch eine Leistung kann im Durchgeben einiger Telefonnummern aus Deinem eigenen Netzwerk bestehen oder einer anderen kleinen Hilfe, um einen 'kalten' Kontakt etwas 'wärmer' zu machen.

  PROMOTIONSNETZWERK
Ghislaine leitet einen Kursus 'Einfacher studieren lernen' für Schülerinnen und Studentinnen zwischen 14 und 24 Jahren. Der Kursus dauert 1 1/2 Tage und ist sehr gut/hilfreich; doch ist es ungemein schwierig, die Arbeitsweise und die Auswirkung vorher zu beschreiben. Die Werbung läuft deshalb über Mund-zu-Mund-Reklame der Ex-Teilnehmerinnen. Sie gibt jeder Teilnehmerin einige Karten mit ihrem Namen und ihrer Telefonnummer. Das Weiterempfehlen wird jetzt unterstützt durch die Karte, die ebenfalls weitergegeben werden kann.

Gewöhne es Dir des weiteren an, bei jeder auftauchende Frage eben kurz diese Karten in die Hand zu nehmen: Wen kann ich dieses am besten fragen? Wer könnte eine Person kennen, die ...? Lerne in Netzwerkeln zu denken (als Tätigkeit!). Es ist auch ungemein praktisch, Dich erst selbst zu fragen, was Du nun genau wissen, haben oder verkaufen willst. In dieser notwendigen Ich-Phase werden bereits viele Problemstellungen deutlicher. Dein Netzwerk ist nicht dazu da, um mit Fragen belästigt zu werden, die aus eigener Oberflächlichkeit oder Faulheit stammen. Das Netzwerk entsteht netzwerkelnd und wird auch so unterhalten. Intelligente, nützliche und interessante Fragen wirken - im Gegensatz zu oberflächlichen - aufbauend und schmieren das Netzwerk. Leg auch von Zeit zu Zeit eine Art Patience mit Deinen Karten. Mache eine 'soziale Landkarte', einen 'sozialen Atlas' von Dir selbst daraus - eine Art Spinnennetz mit Deinem ICH in der Mitte. Wo sind die wirklichen Informantinnen? Welches sind meine Wegbereiterinnen zu anderen, weniger zugänglichen Informantinnen? Schau' auch, wie Du Dein Netzwerk ausbreiten könntest bzw. Zugang bekommen zu anderen Netzwerken: jede Person der Mittelpunkt ihres eigenen Netzwerkes ist.

Netzwerke für verschiedene Gelegenheiten und Anwendungen

Für die kleinschalige Unternehmerin scheint ausschließlich das Verkaufsnetz wichtig. Das ist das Netzwerk, womit Du Dein Produkt bzw. Deinen Dienst bekannt machst und belieferst. Doch Dein Informationsnetz ist auch wichtig. Heutzutage ist es ziemlich einfach, an große Stapel mit Informationsmaterial zu kommen. Aber wer hilft Dir beim Sichten dessen, was nun wirklich wichtig für Dich ist? Das ist nur möglich mit vertrauten Bekannten; Leute, die Dich kennen und Dir deshalb sagen können "Fang hiermit an ...". Und dann kriegst Du genau das Buch oder den Paragraphen in die Hände, die zu diesem Zeitpunkt wichtig für Dich sind. Auf diese Weise sorgt Dein Netzwerk dafür, daß Du nicht in der Informationsgesellschaft ertrinkst. Vertraute Personen helfen Dir solchermaßen mit einem Unterstützungs-Netzwerk; sie bilden dann tatsächlich als Fangnetz.

  EIN WELTUMSPANNENDES NETZWERK
1979 waren Holografie und Laser viel weniger bekannt als heute. Einige Leute in Eindhoven, in den Niederlanden gelegen, wollten gerne holografische Kunst ausstellen. Sie hatten sogar schon eine (vage) Zusage für die benötigten finanziellen Mittel. "Wie kommen wir jetzt bloß an holografische Kunst?, wer beschäftigt sich auf der Welt damit?

Schnell fanden sie fünf Niederländerinnen, die berufshalber - sowohl auf technischem, als auch auf anderen Gebieten - mit Lasern und Holografie zu tun hatten. Von holografischer Kunst hatten sie noch nie gehört ... Doch sie riefen in den Laboratorien an, mit denen sie geschäftlich zu tun hatten. "Kennt Ihr vielleicht jemanden, die ...?"

Nach drei Wochen konnte eine Liste von 70 holografischen, für eine Ausstellung verfügbaren Kunstwerken erstellt werden. Das Geld kam erst drei Monate später. Doch das war wieder einem anderen Netzwerk zu danken.

Häufig hast Du eine Idee oder läufst mit einem Problem herum, das Du gerne mit jemandem besprechen würdest. Schau dann in Deinem Stapel Patiencekarten nach und frage Dich dabei: Wen aus meinem Stütznetz kann ich im Zusammenhang hiermit anrufen?

Und merke Dir dabei: Intelligente, nützliche und interessante Fragen schmieren das Netzwerk besser als oberflächliche Klönereien. Wenn Du willst, daß andere Dich ernst nehmen, solltest Du selbst andere ernst nehmen. Das heißt, ihnen Aufmerksamkeit entgegen bringen. Das ist ein schöner Beginn eines Tausches: anfangen mit Aufmerksamkeit als Einsatz in der Tauschbeziehung. Tausch ist der wichtigste Baustein zwischenmenschlicher Beziehungen.

  NETZWERK-NETZWERK
Als diese Kapitel beinahe fertig waren, stellte ich fest, daß es mir an kurzen, anschaulichen Beispielen fehlte. Also rief ich drei Bekannte aus meinem Netzwerk-Netzwerk an und fragte, ob ich sie am folgenden Tag zurückrufen könne für ein oder mehrere Vorbilder.

Das gelang.

Netzwerkeln lernen

Sowohl Netzwerkeln als auch Tauschen sind solche grundlegenden menschlichen Tätigkeiten, daß es nicht möglich ist, sie an einem Tag zu lernen. Du kannst aber herausfinden, daß Du es tust und wie Du es tust. Anschließend kann der bewußte Lernprozeß beginnen. Sieh Dir an, wie andere es tun, und beim Sehen und Vergleichen kommst Du dahinter, wie Du es selbst machst. Die Eindrücke, die Du auf diese Weise sammelst, sind außerdem Lehrbeispiele: Langsam, aber sicher entwickelst Du daraus Deinen eigenen Stil im Netzwerkeln. Vorstehend sind bereits ein paar verschiedene Anwendungen für Netzwerke genannt. In einem besonderen Abschnitt wird das Knüpfen von Verbindungen mit Hilfe von fünf Regeln für den täglichen Gebrauch erklärt. Das darauf folgende Kapitel behandelt das Netzwerkeln beim Start 'Von der Idee bis hin zur Ausführung'. Netzwerke spielen dabei auf verschiedene Weise eine wichtige Rolle.

FÜNF REGELN ZUM NETZWERKELN

Neben Ratschlägen und Theorien, worüber zu passender Zeit abends oder am Wochenende gegrübelt werden kann, gibt es auch ein Handbuch für die tägliche Netzwerk-Praxis. Smith und Wagner vom 'Office for Open Netwerk' in Denver, USA, haben das Anknüpfen von Kontakten zu ihrem Beruf gemacht. Sie geben fünf einfache Regeln für den täglichen Gebrauch an, die sie in ihrem Büchlein mit passenden Beispielen erläutern. Sie haben viel gemein mit ganz allgemeinen sozialen Fähigkeiten. In dem Büchlein wird die künftige Netzwerklerin auf Fallstricke hingewiesen. Doch auch die fortgeschrittene Netzwerklerin kann daraus lernen.

Regel 1:
Sei praktisch. Manchmal ist eine abstrakte Antwort die beste, ein anderes Mal einfach ein konkreter Hinweis oder eine Telefonnummer.
Regel 2:
Langweile bzw. nerve nicht. Das geschieht leicht, wenn Du Dich total in die Information verbeißt und dabei die Person aus dem Auge verlierst, mit der Du sprichst. Du kannst auch zu viel helfen, und das ist wirklich nervend!
Regel 3:
Höre gut zu. Manchmal ist zuhören bereits genug; neue Information würde dann nur verwirren.
Regel 4:
Stell Fragen. Antworte selbst erst dann, wenn Dir eine Frage wirklich deutlich ist. Vielleicht weiß die Fragestellerin mehr, als Du zu bieten hast, und Du hörst Lösungen, auf die Du selbst nicht gekommen wärst.
Regel 5:
Urteile nicht vorschnell. Vergiß Deine Vorurteile. Wenn Du nicht offen gegenüber dem Unerwarteten bist, wird es auch nicht geschehen.

Wenn Du es nicht wagst, das Selbstverständliche herauszufordern, wirst Du niemals etwas Neues entdecken. Das Selbstverständliche ist gar nicht so selbstverständlich, wie Du vielleicht denkst!

Es geht beim Netzwerkeln als Tätigkeit nicht um wandelnde Lexika oder riesige Datenbestände, obwohl die auch eine Rolle dabei spielen. Vor allen Dingen geht es hierbei um das Knüpfen von Kontakten.

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8. NETZWERKE / LN BEIM START

Eine Idee in Umlauf bringen

Du hast eine Idee für ein Produkt, ein neues Geschäft oder eine soziale Initiative. Du mÖchtest das gerne 'unternehmen'; doch Du wirst wohl - wie üblich - feststellen müssen, daß nicht alle mit offenen Armen jubelnd auf Dich zugestürzt kommen. Und da stehst Du dann. Können Netzwerke hier helfen?

Alle Leute mit kreativen Ideen kennen dieses Problem. Am liebsten hättest Du jemand, die Deine Idee gänzlich für Dich verwirklicht; doch dann wäre es nicht mehr Deine Idee. In Betrieben gibt es oft Briefkästen für Verbessungsvorschläge, wo Du Deinen Einfall einwerfen kannst. Auch dann gibst Du die Initiative aus den Händen. Dieses Problem taucht ständig auf. Egal, ob Du einen 'irren Koffieshop' beginnen willst, oder ob Du mit Plänen für einen noch niemals dagewesenen Betrieb im Kopf herumläufst. Das ist ein ganz allgemeines Problem, und Deine Person und Dein Charakter sind damit verwoben. Es gibt demzufolge auch kein Patentrezept. Trotzdem ist es sinnvoll, Dir die Phasen anzuschauen, die Du durchmachst. In einigen Phasen liegen Deine starken Seiten, in anderen könntest Du noch etwas dazulernen oder Dir speziale Unterstützung suchen.

Die Beschränkungen, die Du als Initiativ-Nehmerin erfährst (scheinbar durch Deine Umgebung), leben auch in Dir selbst. Wenn Du eine unübliche Initiative in Gang bringst, mußt Du also auch jedesmal Deine eigenen Normen überschreiten. Die allererste Eigenschaft, die dafür nötig ist, ist Mut. Den kannst Du aus keinem Buch lernen; aber vielleicht durch gutes Hinschauen bei Menschen aus Deinem Netzwerk, die eine Vorbildfunktion für Dich haben. Ansonsten solltest Du als Initiativ-Nehmerin einen ziemlich objektiven Blick haben (oder entwickeln) auf Deine eigenen Normen in Zusammenhang mit denen Deiner Umgebung. Wenn Du für Deine Umgebung zu weit gehst, wird Deine Initiative festlaufen in Ablehnung. Bist Du zu ängstlich, verstaubt Deine Idee unnötig im Keller und Du bleibst - unnötig - frustriert zurück. Für die Entwicklung eines solchen 'ziemlich objektiven Blickes' brauchst Du Dein Unterstützungs-Netzwerk. Deine 'Normen' kannst Du nur dann kennenlernen, wenn Du sie regelmäßig mit anderen Menschen besprichst. Vor allen Dingen solltest Du Dir jedoch Deutlichkeit über Deine eigene Idee verschaffen.

Alleine dazustehen ist ausgesprochen wichtig

Netzwerkeln und Hilfe von anderen scheint ein naheliegender Gedanke, auch, um Deine Idee deutlich zu bekommen. Doch paß auf dabei! Zu Anfang stehst Du wirlich ganz alleine davor, und das ist wichtig. Das Wachsen einer Idee hin zu der Verwirklichung fängt denn auch mit der SOLO-PHASE an. Danach folgen die verschiedenen Arten des NETZWERKELNS, und schließlich kann die Initiative ÖFFENTLICH werden. D.h., Du kannst dann damit zu den öffentlichen bzw. behördlichen Autoritäten gehen für die benötigten Genehmigungen, Bankkredite usw. Diese öffentliche Phase des Prozesses kennen 'alle'; trotzdem mißlingt sie oft genug deshalb, weil wir der kleinschaligen, vorbereitenden Arbeit keine Aufmerksamkeit gewidmet haben. Wir wollen sofort Resultate sehen und fangen zu früh damit an, andere miteinzubeziehen: Wir sind zu gierig und wollen alles viel zu schnell.

Zuerst kommt die Phase der inneren Besinnung

Das ist die Phase der Idee, der Form und der Vision. Das machst Du alles ganz alleine. In dieser Phase mußt Du vor allen Dingen herausfinden, was Du willst, und die Frage nach dem Wie dabei unbeachtet lassen. Du mußt es tatsächlich vor Deinem geistigen Auge sehen können, eine regelrechte Vision haben. Doppelte, widersprüchliche oder vage Ziele kannst Du sowieso nicht erreichen. Ein klares Ziel gibt Kraft und Motivation. Nichts ist so stark wie ein deutliches Bild vor Augen.

Möglicherweise entdeckst Du in dieser Solo-Phase, daß Du eigentlich etwas anderes willst. Sei froh, daß Du das jetzt feststellst. Laß Deine Idee fallen, dann hast Du Platz für etwas Neues. Du hättest doch nicht die Energie aufgebracht, um alle Schwierigkeiten zu überwinden, wenn Du nicht zutiefst motiviert bist. Erst, wenn Du diese Solo-Phase einigermaßer abgerundet hast, kannst Du Dich außerhalb Deiner selbst umschauen. Das fängt an mit Netzwerkeln, erst 'sanft', später 'hart'.

Das 'sanfte' Unterstützungs-Netzwerk

Deine zarte Idee kommt jetzt zum ersten Mal in Kontakt mit der Außenwelt. Besprich zu Beginn Deine Idee mit Dir vertrauten Personen, sie bilden Dein erstes Unterstützungs-Netzwerk. Die Vertrautheit ist notwendig, um dafür zu sorgen, daß Du selbst und Deine Idee eine Einheit bleiben. Gerade darin liegt die Kraft. Es gibt unzählige Menschen, die Dir gern eben auf die Schnelle einen guten Rat geben wollen oder die mit allzu scharfen Bemerkungen Deine Idee total auseinandernehmen bzw. zu weit nach sich selbst ziehen. Beim Kontakt mit Deinem Unterstützungs-Netzwerk mußt Du Deine Frage deutlich stellen. Anders bekommst Du die falsche Hilfe, oder die Menschen könnten denken, daß sie Mit-Verantwortung tragen sollen - doch so weit bist Du noch gar nicht.

Das 'harte' Unterstützungs-Netzwerk

Nach diesem 'sanften' Ausprobieren Deiner Idee solltest Du für etwas härtere und kritischere Kontakte sorgen. Aber auch in dieser Phase bleibst Du die einzig Verantwortliche für die Idee. Deine Kreativität und Fachkenntnis sorgen dafür, daß Deine Idee in diesem Wachstumsprozeß besser, schöner, stärker und 'heiler' wird. Sollte es sich tatsächlich um eine unmögliche Idee handeln, oder stellt sich heraus, daß Du eigentlich doch etwas anderes willst, habe dann auch den Mut, diese Idee fallen zu lassen und damit Platz zu schaffen für neue Pläne. Halte auch in dieser Phase gut auseinander, daß Deine Frage nach Kritik etwas anderes ist als die Bitte um Mit-Verantwortung. Das kommt erst in der nächsten Phase.

Die Verantwortung teilen

Wenn die Idee sozial akzeptabel zu sein scheint, und Du glaubst noch immer an sie, dann kann die stille bzw. heimliche Arbeit beginnen. Du findest Mit-Verantwortliche und Partnerinnen. Danach fragst Du jetzt auch nachdrücklich. Dies ist nicht mehr Dein Unterstützungs- oder Besprechungs-Netzwerk, dies ist Dein Verkaufsnetzwerk. Das Netzwerkeln geht jetzt über in gemeinsame Aktionen. Du teilst Deine einsame Verantwortung mit anderen. Außer Partnerinnen brauchst Du einflußreiche Personen, um Deine zukünftigen Kontakte mit offiziellen Stellen zu unterstützen. Dafür benötigst Du wiederum die Hilfe von anderen Menschen. Dabei geht es stets um eine bestimmte Sache. Auch hierfür mußt Du Deine Frage deutlich stellen.

Du siehst, daß erfolgreiches Netzwerkeln abhängig ist vom Stellen deutlicher Fragen. Und wenn es sich dabei um intelligente, sinnvolle Fragen handelt, kannst Du auf einen angenehmen Tauschkontakt rechnen.

Abschied nehmen

Schließlich wird Deine Idee öffentlich. Über diese Phase steht unwahrscheinlich viel in den meisten Handbüchern für startende Betriebe. Ein wichtiger Punkt fehlt allerdings meistens: Für Dich selbst beginnt jetzt ein Prozeß des Abstand-nehmens. Vielleicht sogar Abschied. Die Idee verselbständigt sich, fängt an, ihr eigenes Leben zu leben, worin Du vielleicht keine Rolle spielen willst oder kannst. Für Deine geistige Gesundheit, Deine Ganzheit und Deine Motivation ist es wichtig, daß Du auch jetzt deutlich und ehrlich bleibst und den kreativen Kreis schließt, so daß wieder Platz entsteht für neue Kreativität. Doch - vielleicht - wirst Du ja auch die Managerin Deiner Idee in dieser neuen Phase. Das führt dann wieder zu einer gänzlich anderen Art des Netzwerkelns.

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9. T A U S C H E N

Tauschen formt den wichtigsten Baustein zwischenmenschlicher Beziehungen. Gegenseitigkeit ist, auf welche Art auch immer, eine Notwendigkeit dafür; sicher auf Dauer. Soweit es sich dabei um materielle Dinge handelt, ist das in Marketing- und Wirtschaftstheorien ausgearbeitet. Infolge der gigantischen Proportionen ist der menschliche Faktor dabei sehr geschrumpft. Mit dem kleinschaligen Marketing bringen wir den ganzen Menschen zurück ins Marketing. Deshalb gehört in dieses Buch ein Kapitel über das (kleinschalige) Tauschen.

Zuerst werden die Phasen einer wachsenden Tauschbeziehung unter die Lupe genommen. Danach fassen wir einige Tauscharten zusammen. Namentlich beim Netzwerkeln werden viele subtile Varianten der Tauschbeziehung ausführlich ausgeübt. Einsicht in das Tauschen ist darum sowohl für die Netzwerklerin als auch für die Unternehmerin wichtig.

Die (Tausch-)Beziehung in 7 Phasen

Ein gute Netzwerklerin ist sich ihrer Beziehung zu ihren Gesprächspartnerinnen bewußt. Sie sind in ständigem Wachstum und Wechsel. Infolge unserer Erziehung mit einerseits 'Schalter-' und andererseits persönlichen Beziehungen, verspüren wir meist keine große Neigung, auf unten beschriebene Art über (Tausch )Beziehungen zu denken. Und doch läuft es so!

In unserem sozialen Umfeld kann jede einige Minuten 'sozialen Kredit' bekommen für eine Frage, ein kurzes Gespräch oder eine Mitteilung. Das 'Tauschen' hat dann bereits angefangen. Was dann in diesen paar Minuten 'passiert', bestimmt, ob der 'Kredit' auf Stunden ausgebreitet wird oder ob vielleicht sogar eine lebenslange Freundschaft entsteht. Die erste Initiative gibt der anderen Person die Möglichkeit, darauf positiv, verstärkend, abwartend, neutral, negativ oder abweisend zu reagieren.

Eine Beziehung durchläuft hintereinander:

Die zarte Phase
Unausgesprochene Vermutungen, meistens aus der Körpersprache gewonnen, leiten zu dem Gefühl, daß die andere 'ansprechbar' für mich ist.
Die Probephase
Gerichtete Fragen stellen und schauen, ob es klappt. Z.B.: "Weißt Du etwas über kranke Goldfische?" Die Antwort und die Weise, wie sie gegeben wird, sind vielsagend.
Die Übergangsphase
Eswerden einmalige Zusagen gemacht, Verabredungen getroffen bzw. Gegenleistungen angeboten: "Ich suche das für Sie 'raus. Rufen Sie mich folgende Woche wieder an."
Die Kreditphase
Nach einigen einmaligen Transaktionen entsteht eine etwas festere Form des Kredites. D.h. Hilfe wird gegeben oder ein 'Fehler' akzeptiert, ohne daß dies unverzüglich mit einer Gegenleistung ausgeglichen werden müßte.
Die Zusammenarbeitsphase
In dieser Phase tauchen mehr formelle Verabredungen auf über eine zusammenhängende Organisation. Meistens sind daran mehr als zwei Menschen beteiligt. Es gibt Rollen, Aufgabenverteilungen und (Standard)Belohnungen. Die Tauschbeziehung wird schwächer.
Die erstarrte Phase
In der letzten Phase dieser Entwicklung wird die Beziehung institutionalisiert. Die 'Beziehung' ist dann dermaßen selbstverständlich geworden, daß große Fehler gemacht werden in Bezug auf die früheren Phasen. Die menschliche Seite der Beziehung wird nicht mehr gesehen. Das ist der Anfang von 'Großschaligkeit'.

Eine Beziehung kann in jeder der genannten Phasen langfristig und gut ausgewogen sein. Nach einer ernsthaften Störung des Gleichgewichtes (Streit, Verwahrlosung, Mißverständnis) muß die Beziehung im Prinzip wieder, beginnend mit der zarten Phase, aufgebaut werden. Die ersten vier Phasen gehören zum Netzwerkeln. Die letzten zwei beschreiben 'Organisationen'. Die Zusammenarbeitsphase hängt etwas dazwischen: Es ist eine Phase, die die Selbständigkeit und Kreativität der Partnerinnen gewährleistet und gleichzeitig eine zielgerichtete und produktive Zusammenarbeit ermöglicht; beispielsweise die Zusammenarbeit mit frei-beruflich Tätigen oder innerhalb eines unternehmenden Teams.

Tauscharten

Außer den Entwicklungsphasen einer Tauschbeziehung gibt es auch noch eine Reihe anderer Begriffe, die mit dem Tauschen zusammenhängen. Kein Wunder, Tauschen ist zutiefst verwurzelt im menschlichen Denken und Handeln.

Tauschen und Wirtschaft
Viele Menschen denken, daß es beim Tauschen allein darum geht, starke Menschen reicher und arme schwächer zu machen. Tauschen wird durch die Wirtschaftswissenschaftlerinnen ausschließlich unter dem Gesichtspunkt der 'Nützlichkeit' gesehen: "Worin liegt der Vorteil?" ... "Was ist der Gewinn?"
Tauschen und Marketing
Marketing steht ein Stück dichter beim Menschen und seiner Tauschtätigkeit. Die Marketing-Theorie erkennt, daß mehr als nur das Nützlichkeitsdenken mitspielt. Menschen sagen mit den Gegenständen, die sie kaufen oder gebrauchen: "Ich bin jemand, die ..."
Tauschen von Symbolen
Je weniger Waren mit den Grundbedürfnissen zu tun haben, desto größer ist ihr symbolischer Wert. Brot, beispielsweise, erfüllt ein Grundbedürfnis; doch die verschiedenen Formen des Brotes, des Belages und auch die Weise des Verspeisens strahlen symbolische Signale aus. Die werden 'getauscht' im gesellschaftlichen Spiel, meistens durch (non-verbale) Anerkennung: "Ja, tatsächlich, Du bist jemand, die ..."
Tauschen als Symbol
Ein Ding hat Symbolwert, wenn es nicht nur sich selbst bedeutet, sondern auch andere Gedanken bzw. Gefühle ausdrückt: Ein rotes Stück Stoff ist ein rotes Stück Stoff. An einer Stange am 1. Mai draußen hängend, wird es zu einem Symbol. Auch Tauschen selbst ist ein Symbol. Wenn mir ein glücklicher Tausch gelingt, bedeutet das viel für mein Selbstvertrauen. Wenn ich ein festes Gehalt bekomme für meinen Arbeitseinsatz, entnehme ich dem ein Gefühl der Solidarität. Andere entnehmen dem vielleicht Gefühle von Abhängigkeit und Ausbeutung. Aber auf jeden Fall bedeutet es etwas!
Psychologischer Tausch
Wenn Du etwas gibt, kreierst Du damit Schuldgefühle bei der anderen. Früher oder später muß die andere etwas zurücktun. Etwas wirklich weggeben ist folglich nicht möglich. Solange dies ein 'in der Schwebe befindliches Spiel mit Schuldgefühlen' bleibt, wird es als angenehme oder interessante Beziehung erfahren. Aber sie kann im ungleichen Tausch festlaufen.
Ungleicher Tausch
Beim ungleichen Tausch gibt jemand ständig mehr, als sie bekommt, oder umgekehrt. Menschen im Umfeld einer 'überwältigenden Geberin' verlieren ihr Gesicht ..., und die Geberin versteht vielleicht gar nicht, warum sie so wenig zurückbekommt.
Sachlicher Tausch / Persönlicher Tausch
Diese zwei Tauscharten können schwerlich voneinander losgekoppelt werden. Von der Arbeitnehmerin in einem großen Betrieb wird dies jedoch erwartet. Sie bekommt ihren Tariflohn für die vereinbarte Leistung, und dafür soll sie dann, beispielsweise, die Kundinnen auf eine unpersönliche bzw. 'unmenschliche' Art behandeln.

Die kleinschalige Unternehmerin bleibt geistig gesund durch das Bewußtsein, daß beide Tauscharten miteinander im Gleichgewicht sind: Tauschen muß in menschlichen Proportionen gehalten werden.

Nicht nur das Anknüpfen einer (Netzwerk)Beziehung, sondern vor allen Dingen das Unterhalten verlangt Einsicht und Fähigkeit. Alle Arten des Tausches und alle Arten von Waren, Dienstleistungen, Neuigkeiten und auch Klatsch werden dabei ständig gebraucht. Um gut Netzwerkeln zu können, mußt Du Dir also auch bewußt sein über Deine eigenen Gefühle beim Tauschen: Welche Art des Tauschens genieße ich? Welche widert mich an? Welche befriedigt mein Bedürfnis? Und in welcher bin ich weniger gut?

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M A R K T F O R S C H U N G


10. MARKTFORSCHUNG

Wie bereits festgestellt, schrecken viele Menschen, die einen eigenen Betrieb beginnen oder haben, vor der Marktforschung zurück.*

  * Wenn wir in diesem Buch über Marktforschung sprechen, meinen wir damit eine Form der Markterkundung, wobei von einer bestimmten Untersuchungsmethode Gebrauch gemacht wird. Markterkundung ist also ein Sammelname für die verschiedenen Möglichkeiten, Information zum Nutzen des Marketings zu bekommen; die Marktforschung ist dabei eine dieser Möglichkeiten.

Rund um Marktforschung ranken sich denn auch Vorstellungen wie zu teuer, zu zeitraubend oder zu kompliziert. Ein großangelegter, sehr spezialisierter Marktforschungsauftrag, der durch ein bekanntes Unternehmen ausgeführt wird, kann tatsächlich ziemlich teuer sein. Solch eine Untersuchung kann schon 'mal nötig sein, z.B. wenn ein neues Produkt auf den Markt gebracht werden soll oder wenn viel Kapital für Investitionen nötig ist, mit entsprechend großen Risiken. Aber das ist ein Extrem.

Das andere Extrem besteht darin, absolut nichts zu tun, eine Umsatzprognose zu versinnen und danach darauf zu hoffen, daß alles gut gehen wird; das ist die sogenannte 'Kaffesatz-Methode'.

Zwischen diesen zwei Extremen gibt es noch so manches andere. Die folgenden Kapitel behandeln die Vorgehensweise und die Methoden der Marktforschung, die selbst ausgeführt werden können.

Vielleicht kommst Du nach dem Lesen dieser Seiten dahinter, daß Du eigentlich schon eine ganze Menge Marktforschung betrieben hast. Um so besser!

Marktforschung besteht in der Hauptsache darin, den Markt zielgerichtet zu betrachten und aus diesen Wahrnehmungen Schlüsse für Deine eigene Vorgehensweise zu ziehen.

Das kannst Du auf verschiedene Arten tun:

  • Gibt es einen Absatzmarkt für mein Produkt bzw. meinen Dienst, und wie groß ist er?
  • Besteht Interesse für ein neues Produkt/ einen neuen Dienst?
  • Kann ich einen neuen Markt anboren für meinen bestehenden Betrieb mit meinem Produkt / Dienst?
  • Ist mein Marketing-Konzept gut?

Diese Betrachtungsweisen beinhalten natürlich einige Überlappungen. Wenn Du herausfinden willst, ob Du mit einem bestehenden Produkt einen neuen Markt für Dich gewinnen kannst, gehört dazu beinahe automatisch die Frage 'wie?'. Mit welchem Marketing-Mix machst Du Deine neue Zielgruppe auf Dich aufmerksam?

Es ist also alles möglich: vom 'ganz Einfachen' bis hin zum 'ziemlich Schwierigen'.

  Die Besitzerin eines Fahrradladens in einem Dorf wollte das Ausmaß ihrer Bekanntheit im Vergleich zu ihrer Konkurrentin wissen. Sie schickte dazu ihre Nichte los - mit einem Fahrrad, dessen Reifen platt war. Sie sollte an die Vorbeikommenden fragen, wohin sie sich am besten mit ihrem kaputten Rad wenden könne. Anhand der Antworten konnte die Besitzerin gut einschätzen, welche Bekanntheit sie in ihrem Dorf genoß.

So einfach kann Marktforschung also auch sein!

Ein erster Ansatz

Jegleiches Forschen, ob das nun wissenschaftliche Forschungsarbeit betrifft oder etwas anderes, beginnt mit dem Stellen der richtigen Frage. Was willst Du nun eigentlich genau herausfinden bei dieser Marktforschung? Das ist die Hauptfrage. Diese Hauptfrage läßt sich meistens unterteilen in eine Anzahl Nebenfragen, um das Ganze übersichtlicher zu machen. Pro Frage kannst Du dann feststellen, welche Angaben Du benötigst, um sie beantworten zu können, und woher Du diese Angaben bekommen kannst.

Einige Angaben sind einfach zu finden, für andere mußt Du vielleicht mehr Mühe aufwenden. Benutze Dein Netzwerk, um Dingen auf die Spur zu kommen. Anschließend mußt Du die gefundenen Angaben so verarbeiten, daß Du daraus Schlußfolgerungen ziehen kannst (z.B. in einer Tabelle, einer grafischen Darstellung, einem Plus-Minus-Vergleich, einer prozentuellen Aufteilung ...).

Wenn Du als zukünftige Unternehmerin solch eine Forschung für Deinen eigenen Betrieb betreibst, dann ist es anzuraten, daß Du die Angaben mit einer neutralen Person durchsprichst. Du neigst ansonsten dazu, um sie zu Deinen Gunsten auszulegen. Es ist schwierig, um objektiv zu sein, und ganz besonders dann, wenn Du feststellst, daß das, was Du eigentlich willst, nicht möglich ist. Doch ist es besser, wenn Du es vor dem Beginn Deines Betriebes entdeckst, anstelle Jahre später, wenn Du Dich in Schulden gestürzt hast.

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11. DIE PHASEN DER MARKTFORSCHUNG

Erste Phase: die Analyse

In der ersten Phase denkst Du darüber nach, was Du mit Deiner Marktforschung herausfinden willst. Willst Du wissen, ob die Stelle, die Du für Deinen zukünftigen Betrieb in Gedanken hast, dafür auch tatsächlich geeignet ist?, oder willst Du wissen, ob Dein Marketing-Mix bei der gewünschten Zielgruppe ankommt?

Du kannst Dich natürlich auch fragen, ob Du überhaupt mit der Forschung beginnen solltest. Vielleicht kann Dir dabei ein Gespräch mit einer erfahrenen Betriebsberaterin ein gutes Stück weiter helfen. Erforschen des Marktes kann nämlich auch ein Vorwand sein, um eine schwierige Entscheidung noch eine Weile vor Dir her zu schieben.

In der ersten Phase überlegst Du Dir:

Was will ich untersuchen?
Kommt zu wenig Kundschaft in Dein bestehendes Geschäft? Oder willst Du einen Betrieb beginnen und möchtest wissen, ob der von Dir dafür vorgesehene Platz der richtige ist? Bist Du der Meinung, daß die Zielgruppe doch nicht so begeistert wie erwartet auf Dein Unternehmen reagiert?
Jede dieser Fragen bedingt eine andere Art der Verkennung und verschieden Arten der Fragestellung.
In Abhängigkeit von der Fragestellung benötigst Du entsprechend unterschiedliche Angaben.
Manchmal brauchst Du Mengenangaben: Wieviel geben die Menschen pro Jahr aus für ein bestimmtes Produkt? Ein anderes Mal hast Du mehr an inhaltlichen Aussagen: Wie denken Menschen über dieses Produkt? Die Art der gesuchten Angaben bestimmt auch, welche Quellen Du heranziehen solltest.
Wo kannst Du die gewünschten Angaben finden?
Nicht alles steht in Büchern, in einigen Fällen wirst Du Dir selbst etwas einfallen lassen müssen. Es gibt zwei verschiedene Arten von Daten: primäre und sekundäre. Primäre Angaben sammelst Du selbst, durch beispielsweise eine Befragung der Leute auf der Straße. Das ist zwar zeitraubend, doch sehr genau.

Glücklicherweise sind eine ganze Menge von Angaben bereits durch andere (Organisationen) zusammengetragen worden. Wenn Du beispielsweise wissen willst, wie die Zusammenstellung der Bevölkerung in einem bestimmten Gebiet aussieht, dann kannst Du das ganz einfach bei der Gemeinde erfragen. Du brauchst dafür nicht selbst alle Haustüren abzuklappern. Andere Angaben kannst Du in gedruckter Form kaufen, ausleihen oder einsehen.

  STATISTISCHES TASCHEN/JAHRBUCH

Dieses Buch ist eine jährliche Ausgabe des Bundesamtes für Statistik.
Es beinhaltet einen wahren Schatz an Daten über das Ausgabeverhalten der Bevölkerung. Darin steht beispielsweise auch, wieviel Autos wir alle zusammen besitzen und wieviel Kilometer damit gemittelt pro Jahr zurückgelegt werden.

Das Ekonomische Institut für Mittel- und Kleinbetriebe ('Economisch Instituut voor Midden- en Kleinbedrijf') gibt sogenannte Branchenorientierungshilfen heraus, die allerlei Informationen über die speziellen Branchen umfassen. Diese Broschüren sind zu bestellen, und Du kannst eine Menge daran haben.

Dasselbe Institut verfügt über viel mehr wissenswerte Dinge; d.h. häufig lohnt sich die Mühe eines Telefongespräches oder eines Besuches.

Das sind alles sekundäre Angaben. Primäre Angaben mußt Du, wie bereits gesagt, selbst sammeln. Du kannst das auf der Straße tun mittels einer Fragenliste oder telefonisch, aber auch mittels einer Vorführung. Und 'Observation', d.h. einfach gut um Dich herumgucken, ist eine äußerst gute Methode, obwohl daran selten gedacht wird.

  1. Wirst Du die Forschungsarbeit selbst erledigen, oder läßt Du sie ausführen?
      Eine schwierige oder umfangreiche Untersuchung kannst Du besser durch ein darin gespezialisiertes Büro vornehmen lassen. Aber es bestehen auch Möglichkeiten, um mit der Hilfe von Freundinnen viel zu schaffen. Denk dran: Die besten Fragen kommen immer von Dir.
  2. Wieviel Zeit hast Du, wann brauchst Du die Resultate?

Zweite Phase: das Sammeln

In dieser Phase wird die Marktforschung in die Tat umgesetzt. Erst werden bestehende Quellen genutzt und ausgeschöpft (die sekundären Angaben); wie bereits schon durchgeführte Forschungen, Branchen-Orientierungshilfen, statistisches Material, demografische Angaben, Fachzeitschriften, usw. usw.

Es wird vielleicht schwierig werden, um Dich in dieser Informationsfülle zurecht zu finden. Jedes Buch, jede Broschüre, jeder Artikel liefert jeweils wieder einen Schatz an neuen Angaben. Beschränke Dich auf das, was Du nötig hast.

Lege eine Liste von all' dem an, was Du gefunden hast und wo, damit Du in einem späteren Stadium darauf zurückgreifen kannst. Mach' eine übersichtliche Mappe draus.

In dieser zweiten Phase ist es auch sinnvoll, schon einmal darüber nachzudenken, wie Du die Angaben verarbeiten willst. Es könnte beispielsweise praktisch sein, um eine Art Standartformular zu entwerfen.

Im Anschluß an dieses Literaturstudium kann es nötig sein, um anfüllende Feldforschung zu betreiben (für die primären Angaben).

Dritte Phase: das Verarbeiten der Angaben

Aus all dem Material, das Du im Laufe Deiner Forschungsarbeit versammelt hast, mußt Du die Dinge herausholen, die Du wirklich gebrauchen kannst, um Antwort auf Deine Teilfragen zu bekommen. Das geht auf jeden Fall einfacher, wenn Du von Anfang an die Angaben in einem System untergebracht hast. Ein Computer kann praktisch sein, ist aber keine Notwendigkeit; gute Schema's und Übersichten sind durchaus auch ohne möglich.

Laß alles erst einmal ruhig auf Dich einwirken, bevor Du Dich ans Sichten setzt.

Vierte Phase: die Schlußfolgerungen

In dieser letzten Phase ziehst Du Deine Schlüssee. Das ergibt die Antworten auf Deine Hauptfrage, die Du zu Beginn dieser Marktforschung gestellt hast. Und nun?

Du hast DIE Marktlücke gefunden. Oder vielleicht wird deutlich, daß das, was Du willst, nicht möglich ist. Eine kreative Änderung Deines Planes könnte dann der folgende Schritt sein: "Wenn ich es nun so und so anfinge, ..."

Wie dem auch sei: Es ist unbedingt notwendig, daß Du ehrlich gegenüber Dir selbst bist im Hinblick auf Deine Möglichkeiten.

Untersuchungsbeispiel

  Geschäftsidee

Mit einem Lieferwagen, gefüllt mit guter Konfektionskleidung und Zubehör, Altersheime besuchen, dort mit zwei Mannequins eine Modeschau abhalten und anschließend die Möglichkeit zum Anprobieren und Bestellen geben. Als zusätzlicher Service besteht die Möglichkeit, kleine Änderungswünsche auszuführen. Zu dem Asortiment gehören auch Kleidungsstücke für behinderte.

Die Kleidung wird von Frauen gekauft, die in einem Altersheim oder einem Versorgungszentrum wohnen und die nicht mehr ohne weiteres Kleidung kaufen können, weil sie schlecht zu Fuß sind. Die Kleidung wird gekauft, weil die Frauen gut aussehen wollen und weil es für sie einfach ist, um auf diese Art einzukaufen, wobei selbst Änderungswünsche berücksichtigt werden können.

Die Erwartung ist, daß einmal pro Saison etwas Neues angeschafft wird. Jacken bzw. Mäntel werden natürlich weniger gekauft, auch vollständige Garderoben, aber regelmäsig ein gutes Kleidungsstück, das sich auch mit anderen Dingen kombinieren läßt.

Der Verkaufsort ist bei den Frauen Zuhause, im Aufenthaltsraum der betreffenden Organisation. Pro Jahr müßten 2 solcher Modeschauen gehalten werden können.



Plan für Markterkundung

  Teilfragen:
Aus welchen Menschen besteht die Zielgruppe, und wie groß ist sie?
Frauen, älter als 65 Jahre, die in einem Altersheim wohnen bwz. daran angeschlossen sind.
Quelle: Statistisches Bundesamt
Was wird das Versorgungsgebiet?
Wieviel Organisationen gibt es, und wieviel Bewohnerinnen leben dort?
Quelle: Telefonbuch; die Organisationen, die sich mit der Versorgung älterer Mitbürgerinnen beschäftigen
Sind die Organisationen zur Mitarbeit bereit bzw. geben sie ihre Zustimmung?
Quelle: Umfrage, telefonisch oder schriftlich
Wieviel Geld gibt die Zielgruppe jährlich aus für Kleidung?
Quelle: EIM, Branchenorganisationen für Konfektionskleidung
Ist dieses Marketing-Konzept gut?
Quelle: ein paar Probeschaus halten
(s. hierzu auch Kap. 8 'Netzwerken beim Start' und darin die Rolle des Unterstützungs-Netzwerkes)
Ende des übersetzten Teil.

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